Mittwoch, 27. Mai 2009

iPhone, G1, Touch HD im Vergleich

Als stolzer Besitzer aller 3 Smartphones hab ich nun genug Zeit gehabt, mich ausgiebig mit den Geräten zu beschäftigen, um nun kräftig im immerwährenden Krieg zwischen den Anhängern aller Parteien mitzumischen.

Um es kurz zu machen und um die Spannung zu nehmen: Jedes Gerät hat seine eigenen Vor- und Nachteile, einen Gewinner gibt es nicht. Überrascht? Möglicherweise nicht, denn schliesslich gibt es genug Vergleichstests mit ähnlich unbefriedigendem Urteil. Bei Smartphones ist dies allerdings eher untypisch, da die Diskutierenden üblicherweise in je eine Schublade gesteckt werden können bzw. sich selber stecken. Fakt ist jedoch, dass jedes Gerät in seinen ganz eigenen Disziplinen punktet, dafür in den anderen mehr oder weniger versagt, jedenfalls im direkten Vergleich mit den Kontrahenten. Es ist schon so viel zu den Geräten gesagt und geschrieben worden, daher beschränke ich mich mal auf die (mir) wichtigsten Punkte, die u.a. auch rechtfertigen, durchaus alle 3 Geräte zu besitzen. ;-)

Verarbeitung
Ok, klarer Sieger in dieser Disziplin: das iPhone. Hochwertige Materialien, nix klappert oder knarzt und gleichzeitig bleibt das Gerät flach und handlich. Das Touch HD kommt dem schon recht nahe, aber man merkt den Materialien eine minderwertigere Qualität an. So kommt es sehr leicht vor, dass man versehentlich einen der Hardware-Buttons (Volume seitlich oder Power oben) drückt und sich wundert, wieso das Gerät plötzlich stummgeschaltet ist. Auch die 4 unbelichteten Tasten am unteren Screen-Rand werden oft nicht wahrgenommen (vor allem von Fremden) und versehentlich betätigt. Die iPhone Buttons muss man schon kräftiger drücken, damit sich was tut. So muss das sein. Das G1 bildet das Schlusslicht. Sein Klappmechanismus ist zwangsläufig anfälliger für Beschädigungen und das Ganze knarzt auch ganz ordentlich. Nun gut, dafür hat man seine Hardware-Tastatur, das ist immerhin ein fairer Kompromiss.

Ausstattung
Nicht viele Worte an dieser Stelle. Alle Smartphones besitzen mehr oder weniger alle wichtigen Features wie UMTS (3G), HSPA, WLAN, (a)GPS, etc... Lediglich das G1 besitzt einen Kompass. Fraglich ist nur, wieso dieser nicht z.B. in Google Maps auch angezeigt wird. Aber das ist halt eine Software-Geschichte... Bei den HTC Geräten (Touch HD und G1) gefällt der Anschluss via Mini-USB. Dadurch ergeben sich unerwartet viele Möglichkeiten, sein Gerät aufzuladen, z.B. bei Freunden, die ein solches Kabel beispielsweise für ihre Kamera besitzen. Dass das iPhone den berühmt berüchtigten Dock Port hat, ist allerdings auch kein Wunder, hat sich dieser doch schon seit vielen Jahren bewährt und in der iPod/iPhone Welt insbesondere beim Zubehör durchgesetzt. Schade nur, dass beim iPhone 3G kein Dock mehr mitgeliefert wird.

Laufzeit
Klarer Verlierer (leider): Das T-Mobile G1. Nach einem Tag normaler bis etwas intensiverer Nutzung ist definitiv Schluss. Wehe dem, der unter 90% Akkuleistung das Haus verlässt. ;-) Ich überlege teilweise schon, das Gerät in den Flugmodus zu stellen während ich es nicht brauche. Aber das widerspricht ja der Ideologie, ständig das Internet griffbereit zu haben.

Bedienung
Touchscreens haben alle Geräte. Das Touch HD einen resistiven (reagiert auf Druck), die anderen Geräte einen kapazitiven (reagiert auf Haut). Das iPhone hat als einziges Gerät ein Display aus Glas, was zum einen die Kratzfestigkeit und zum anderen das Wohlbefinden bei der Bedienung steigert. Die Vorteile des Touch HD Screens sind hier allerdings, dass auch beliebige andere Gegenstände zur Bedienung benutzt werden können und ein Stylus gleich mit dabei ist. So können also auch mal filigrane Berührungen durchgeführt werden, was allerdings bei diesem Gerät leider auch oft genug nötig ist, nicht zuletzt dank der enormen Auflösung von 480x800.

Spannend wird es allerdings bei der Bedienung der Software bzw. des Betriebssystems. Windows Mobile Geräte sind hier in der Regel die Verlierer. Jedes Programm sieht anders aus und lässt sich anders bedienen. Es gibt keinen Styleguide, der die Programmierer zu einer einheitlichen Bedienung zwingt. Genau das ist meiner Meinung nach das Erfolgsrezept des iPhones und auch des G1. Auf der anderen Seite bietet das Touch HD als Windows Handy viele Möglichkeiten des Tweakens und Tunens. Für Bastler eine wahre Freude. Leider sind viele Windows Mobile Programme auf eine bestimmte Auflösung zugeschnitten, so dass man auf dem Touch HD schon mal Pech haben kann und das Programm stürzt einfach ab. Ausserdem gibt es viele verschiedene Windows Mobile Geräte und es ist nahezu unmöglich, eine featurereiche Software auf wirklich allen Geräten lauffähig zu programmieren. Ähnlich wie beim Kampf zwischen Spielekonsole und PC hat es der Entwickler, der nur für ein bestimmtes Gerät entwickeln muss, viel leichter als derjenige, der unterschiedlichste Hardware bedienen muss. Bin gespannt, wie sich das bei den ganzen kommenden Android Geräten entwickeln wird...

Ok, wie lässt sich denn nun mit den einzelnen Geräten arbeiten?

Das iPhone
Ganz klar, hier geht Style über Substance, wie man so schön sagt. Das ist allerdings in keinster Weise abwertend gemeint. Es macht einfach Spaß, das Gerät zu bedienen. Kein anderes Gerät bietet solch eine butterweise und hübsch animierte Grafik und damit meine ich nicht nur die Spiele. A propos Spiele. Auch hier macht dem iPhone so schnell kein anderes Handy etwas vor. Nicht nur dass der Grafikprozessor leistungsfähig genug ist, er bekommt offensichtlich auch immer Priorität vor anderen Aufgaben (nach meiner subjektiven Einschätzung). Das hat zur Folge, dass z.B. in Google Maps die Karte trotzdem sanft scrollt, während neue Kartenteile geladen werden. Diesbezüglich mehr in einem Abschnitt weiter unten. Bleibt noch zu erwähnen, dass der Touchscreen im Vergleich zum G1 (kapazitiv) und zum Touch HD (resistiv) der mit Abstand Beste ist. Fehlbedienungen aufgrund des ungenauen Screens gibt es quasi keine. Auch in den Ecken wird der Finger noch gut erkannt. Dass Multitouch eine wahre Goldgrube und ein ausgezeichnetes Alleinstellungsmerkmal ist, hat Apple gut erkannt (und erstmal eine feine Exklusivität daraus gemacht). Vor allem bei Spielen, aber auch bei Apps wie Google Earth oder diversen virtuellen Musikinstrumenten ist die Bedienung ohne Multitouch fast unmöglich.

Dank fehlenden Grundeigenschaften kann das iPhone in mancher Standardanwendung leider nicht punkten. Bekannterweise fehlt die MMS-Unterstützung (ja, auch wenn man i.d.R. sehr wenige MMS verschickt) und Copy&Paste. iPhone OS 3.0 steht allerdings vor der Tür, dann wird die Sache allerdings anders aussehen. Es bleibt das fehlende Multitasking bzw. Hintergrundapplikationen. Gerade für unterwegs-Chatter ist das iPhone nicht wirklich zu gebrauchen. Zumindest dann nicht, wenn sie unterwegs auch angesprochen werden wollen (sprich, ICQ im Hintergrund während man auf GMaps was nachschaut). Aber auch das ist nichts neues. iTunes und iPhone harmonieren prächtig, es gibt reichlich Apps (so viele, dass dieser Punkt vielleicht sogar auch negativ sein kann) und der integrierte iPod ist und bleibt ein exzellenter Audioplayer.

Zugegeben, die meisten Apps dienen mehr oder weniger zum Protzen. Nur wenige ernsthafte Apps haben das Prädikat "nicht möglich auf anderen Geräten" verdient. Jegliche Art von Informationen bekommt man zur Not auch über den Webbrowser der anderen Geräte, zumindest wird es schwer, nach Gegenbeispielen zu suchen. Dank Multitouch und sehr guter Grafikleistung verblüfft man gerne mal mit iBeer, Ocarina, Google Earth oder dem ein oder anderen Spiel. Und das ist auch mein persönliches Haupteinsatzgebiet des Geräts. Spielen auf Smartphones? Nur noch auf dem iPhone.

T-Mobile G1
Wer einen Google Account hat und die Google Services zu schätzen weiss, wird das Gerät bzw. das Betriebssystem und seine Apps lieben. Grafik- und Leistungstechnisch macht das iPhone zwar den besseren Eindruck, aber das Zusammenspiel der Applikation auf Android ist einfach herrlich. Foto aufnehmen, sofort per Twitter verbreiten, zu Picasa hochladen oder per Mail verschicken - kein Problem. Während des Schreibens einer Mail mal eben was im Web nachschauen, die URL kopieren und in die Mail einfügen - kein Problem. Dank IMAP IDLE quasi sofort seine GMail Post erhalten - selbstverständlich. Besonders die Karten-Tools "My Tracks" und "My Maps Editor" haben es mir angetan. Unglaublich praktisch, um z.B. seinen Urlaub zu kartografieren. Dank des eingebauten Kompass ist auch Google Street View und Wikitude eine ganz neue Erfahrung. In Sachen Produktivität punktet das G1 also prächtig, nicht zuletzt auch wegen des Hardware-Keyboards. Wenn mir Leute sagen, dass sie mit einem virtuellen Keyboard schneller Tippen können als mit einem Hardware-Keyboard erinnert mich das immer an den alten Zwist zwischen Tastatur- und Maus-Gamern. De facto bietet eine Maus einfach Möglichkeiten, die die Tastatur nicht bieten kann. Ebenso wie ein Hardware-Keyboard. Allerdings gebe ich zu, dass es mit Multi-Touch Geräten anders sein könnte. Ist es aber bis dato noch nicht. :-) Der Vergleich zum iPhone liegt beim G1 nahe, aber das G1 hat längst nicht so flüssige Animationen. Es hakelt und ruckelt doch an etlichen Stellen. Das G1 bietet allerdings ein äusserst nützliches Feature an: Drückt man länger auf den "Home"-Button, öffnet sich ein Fenster mit den 6 zuletzt gestarteten Apps. Mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit ist die benötigte sogar auch dabei. Alternativ lässt sich dieses Feature auch als Task-Switcher gebrauchen. Praktisch!

Das G1 ist momentan eigentlich mein Haupt-Kommunikationsgerät. E-Mails, Twitter, ICQ, Facebook, studiVZ. Wenn es jetzt noch ne bessere Grafikleistung und einen Akku mit größerer Kapazität hätte, wär es die klare Empfehlung geworden.

Schade: Das G1 hat keinen Lichtsensor, der die Helligkeit des Displays automatisch einstellt. In Gebäuden reicht nämlich eigentlich die geringste Helligkeit (spart Strom), draussen braucht man aber logischerweise schon mehr Power. Leider muss man jedes Mal bei einer Änderung selbst Hand anlegen.

HTC Touch HD
Wie oben schon erwähnt gibt es unter den Programmen keine einheitliche Bedienung. Das eine funktioniert besser, das andere schlechter. Insbesondere bei Messenger-Programmen wie Palringo oder Nimbuzz ist mir das äusserst langsame Scrollverhalten übel aufgestoßen. Der "Heute-Bildschirm"-Ersatz "TouchFlo 3D" stellt sich sehr in den Vordergrund. Im Gegensatz zum iPhone beispielsweise, welches seine Apps präsentiert und sonst quasi nichts. Das mag demjenigen gefallen, der eh nur Standardaufgaben erledigt (Telefonieren, Musik, Bilder, Wetter, Web), alle anderen werden vermutlich etwas genervt sein, eine der anderen Wege nutzen zu müssen, um das gewünschte Programm zu starten (entweder den "Programme"-Tab aktivieren, oder das klassische Startmenü bemühen). Für Windows Mobile fehlt definitiv ein App-Store. Dieser ist zwar in Planung oder sogar schon in der Beta-Phase, aber ich meine für WM 6.1 wird er vorerst nicht erscheinen. Das macht die Suche nach Programmen natürlich äusserst lästig und zeitraubend.

Wenn ich alles andere mit dem G1 oder iPhone mache, was bleibt dann noch fürs Touch HD? Nicht viel, zugegeben. Telefonieren tu ich damit. ;-) Aber hauptsächlich, weil sich in dem Gerät meine SIM-Karte mit meiner bekannten Nummer befindet. Bald wird mal über eine Multi-SIM nachgedacht. Ausserdem hab ich lediglich fürs Touch HD einen KFZ-Halter. Als echtes Navigationssystem (TomTom, iGo) eignet es sich nämlich dank des großen Screens hervorragend. Dickes fettes Alleinstellungsmerkmal für Windows Mobile Geräte derzeit! Der große Screen lässt sich auch prima zum Anschauen von Videos in fast-DVD-Qualität benutzen. Videos auf dem iPhone funktionieren sicherlich auch fantastisch, hab es jedoch noch nicht getestet. Auf dem Touch HD funktionieren sie jedenfalls auch ohne Konvertierung (mit allerdings besser und flüssiger). ;-)

Tücken der Bedienung
Wie oben erwähnt bietet das iPhone die beste Bedienung des Betriebssystems. Wieso das? Die Antwort müsste lauten: dadurch, dass der Grafik eine hohe Priorität gegeben wird. Beim G1 kommt es beispielsweise oft zu Rucklern, wo ein sanftes Scrolling nötig wäre, beispielsweise in Google Maps oder im Android Market, während man durch die Liste der Apps scrollt. Bei ungeschickter Bedienung (oder auch einfach mal so) macht das G1 nämlich gerne mal eine Denkpause (quasi wie ein Blackout) während man den Touchscreen bedient. Ist das G1 dann wieder bereit für Eingaben, kommt es ihm vor als wäre der Finger in sehr kurzer Zeit die entsprechende Strecke gewandert, also sehr schnell. Dementsprechend schnell huscht dann also auch das Bild an einem vorbei, ohne dass man dies eigentlich wollte. Sehr oft muss ich beim G1 eine versehentlich schnell scrollende Liste mit dem Finger wieder anhalten, obwohl ich eigentlich nur ein paar Zeilen scrollen wollte. Ärgerlich. Ich erinnere mich noch an die ersten Werbespots oder Videos über das iPhone. Oft habe ich gedacht "jaja, aber wenn es dann mal raus ist, scrollt es sicher nicht mehr so flüssig". Ich sollte mich irren. Die hier beschriebenen Probleme gibt es übrigens auch beim Touch HD, jedoch sind sie mir hier nicht so gravierend aufgefallen, was daran liegen könnte, dass das Betriebssystem allgemein viel träger reagiert und man daher eh anders den Touchscreen bedient.

So, jetzt versteht hoffentlich jeder, wieso ich mich nicht für EIN Gerät entscheiden kann und doch recht froh bin, alle 3 besitzen zu dürfen. Achja, und da dies mein erster _richtiger_ Blogbeitrag ist, bin ich mal gespannt, ob und wer sich den Kram hier überhaupt durchliest.

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